OPEC muss Entscheidungen treffen

Die Organisation erdölproduzierender Länder und ihre Partnerstaaten (OPEC+) hat im Frühjahr auf den massiven Preissturz an den Ölbörsen reagiert und historisch starke Produktionskürzungen beschlossen. Die OPEC+ nutzt dieses Mittel traditionell, um die weltweiten Ölmengen zu kontrollieren und damit Einfluss auf die Ölpreise zu nehmen. Je weniger Öl den Markt überschwemmt, desto weniger rutschen die Preise in den Keller. Doch nun steht die OPEC+ vor der Frage, wie es mit den Kürzungen weiter gehen soll.

 

OPEC steht vor großen Herausforderungen

Die Corona-Krise ist längst nicht vorbei, dessen ist sich auch die OPEC+ bewusst. Dennoch hatte man im Juli beschlossen, die ursprünglich auf 9,7 Millionen Barrel täglich (à 159 Liter) festgelegten Kürzungen etwas zu lockern und den Mitgliedern zu erlauben, wieder knapp 2 Millionen Barrel am Tag mehr zu produzieren. Die Nachfrageerholung in den Sommermonaten hatte diese Maßnahme gerechtfertigt. Doch inzwischen tauchen dunkle Wolken am Horizont auf, denn die Corona-Zahlen steigen wieder und die Gefahr neuer Lockdowns, die die Nachfrage wieder zum Einbruch bringen könnten, steigt. Doch das ist nicht das einzige Problem, dem sich die OPEC+ gegenüber sieht:

 

  • Überproduktion der Mitgliedsstaaten
    Es ist ein altbekanntes Problem in den Reihen der OPEC+, dass manche Staaten sich nicht oder nur teilweise an ihre auferlegten Förderquoten halten. Der Irak ist nur einer der Kandidaten, die traditionell über den Produktionsbeschränkungen liegen. Im vergangenen und laufenden Monat haben nun außerdem die Vereinigten Arabischen Emirate mehr Rohöl gefördert, als besprochen. All die „Quotenbrecher“ haben zugesagt, Kompensationskürzungen durchzuführen, doch die Mehrmenge ist nun erst einmal da und muss vom Markt aufgenommen werden – ein Faktor, der die Ölpreise belastet.
  • Iran steigert Fördermenge
    Neu ist nun die Produktionssteigerung des Iran. Zwar handelt es sich nur um eine begrenzte Zusatzproduktion, doch wegen der US-Sanktionen gegen das Land förderte der Iran in den letzten Monaten bzw. Jahren deutlich weniger, als möglich war. Die OPEC+ Gruppe wird gegen diese Mengen also wenig sagen können. Die Summen kumulieren sich allerdings, sodass die Produktion doch deutlich zunehmen könnte, insbesondere wenn nun auch noch Libyen seine Förderung hochfahren kann.
  • Libyen: Das große Fragezeichen
    Das Land förderte zuletzt wegen politischer Unruhen kaum noch Öl – nur um 100.000 B/T. Doch nun soll es zu Friedensverhandlungen kommen und die Blockaden an den Ölanlangen des Landes, die seit Januar die Ölförderung nahezu lahmgelegt hatten, werden aufgehoben. Libyen besitzt also großes Produktionspotenzial, sobald die Anlagen freigegeben sind und ihre Förderung aufnehmen dürfen. Dann könnten bis zu 1 Mio. B/T zusätzlich auf den Markt kommen, wogegen die OPEC+ Gruppe ebenfalls kaum Einwände haben kann, denn schließlich blieb das Land über lange Zeit unter seinen Möglichkeiten und trug prozentual mehr als jedes andere OPEC Mitglied zu den diesjährigen Produktionskürzungen bei.

 

Nachfragedelle im Oktober erwartet
Die globale Nachfrageentwicklung kommt unterdessen ins Stocken. Die rasche Erholung aus dem Frühling und Sommer hat sich nach den Sommerferien zum Herbst deutlich abgeschwächt. Für den kommenden Monat wird sogar ein Rückgang von 96,65 Mio. B/T im September auf 96,44 Mio. B/T im Oktober erwartet. Dies wäre der erste Rückgang seit April, als die Corona-Pandemie zu globalen Lockdowns führte.

 

Die OPEC wird sich nun also fragen müssen, wie der Markt die sinkende Nachfrage und die steigende Produktion aus den eigenen Reihen verkraften kann. Eine verschärfte Produktionskürzung der OPEC+ dürfte aber wohl notwendig werden. Eine bessere Einhaltung der Quotentreue ist der Minimalkonsens und wohl das wahrscheinlichste Ergebnis beim nächsten Treffen der Gruppe in wenigen Wochen. Die Marktteilnehmer könnten davon allerdings enttäuscht sein, denn eine reine Beibehaltung der Quoten könnte aus deren Sicht nicht ausreichen und die börsengehandelten Rohölpreise wieder in den Keller schicken.

Quelle: www.futures-services.com